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Kampf gegen restriktive Sampling-Urteile: Stellungnahme des Digitale Gesellschaft e. V.

Eine der stärksten Einschränkungen von Remixkunst und -kultur in Deutschland ist eine über die Maßen restriktive Rechtsprechung des BGH zum Thema Sampling. Im Zuge einer Verfassungsbeschwerde gegen die BGH-Entscheidungen „Metall auf Metall“ hat der Digitale Gesellschaft e. V. jetzt eine Stellungnahme abgeben (PDF):

In seiner Stellungnahme kritisiert der Digitale Gesellschaft e.V. die Rechtsprechung des BGH unter anderem als Hindernis für die soziokulturelle Fortentwicklung. Bei der Herleitung des Maßstabs für die Zulässigkeit des Samplings lässt das Gericht außer Acht, dass digitale Technologien und digitale Vernetzung schon seit Jahren in der Breite der Bevölkerung angelangt sind. Viele Menschen, die nicht als professionelle Musikproduzenten arbeiten, nutzen daher heute nahezu ständig elektronische Werkzeuge, mit denen sie in einfacher Weise bestehende mediale Inhalte zitieren, umgestalten und verbreiten können. Weitaus schwieriger ist es für diese Menschen jedoch, einzelne Sequenzen einer bestehenden Aufnahme nachzuproduzieren. Indem der BGH für die Zulässigkeit des Samplings darauf abstellt, ob ein durchschnittlicher professioneller Musikproduzent zum Nachspielen des betreffenden Ausschnitts in der Lage wäre, werden Phänomene wie Remix, MashUp und Mem, die im Internet längst zu alltäglichen Kommunikations- und Kulturtechniken avanciert sind, weitestgehend illegalisiert.

Hintergründe zu den Verfahren „Metall auf Metall“ liefert auch eines der Exponate in der Sammlung „Recht“ des digitalen Remix-Museums.

(more...) Leonhard Dobusch in Recht
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Remix hilft Originalen: Studie zu ökonomischen Folgen von Sampling

In der Serie “Remixer/in” erzählen Menschen über ihre Erfahrungen und Einstellungen zum Thema Remix und Remix-Kultur. Dieses Mal: Eine Studie zum ökonomischen Verhältnis von Remix und Original.

Bislang gibt es kaum empirische Studien darüber, welche Folgen ein Remix für das Original hat – und zwar weder was die (möglicherweise: veränderte) Rezeption eines Werkes noch was die ökonomischen Auswirkungen betrifft. Nur anekdotisch lässt sich auf bekannte Beispiele verweisen, in denen erst der Remix eines Werkes auch dem Original und damit dessen Urheber zum Durchbruch verholfen hat. Eines der bekanntesten Beispiele dafür ist mit Sicherheit der Song „Thank You“ der britischen Sängern Dido. Nachdem „Thank You“ bereits 1998 erstmals veröffentlicht worden war, avancierte er erst 2000 zu Didos bislang größtem Hit, nachdem Eminem die erste Strophe in seinem Song „Stan“ gesampelt hatte.

Während in diesem Fall die Rechte geklärt waren und Dido teilweise sogar gemeinsam mit Eminem bei Konzerten auftrat, war das bei einem anderen prominenten Beispiel nicht der Fall. Wie DIE ZEIT im April diesen Jahres in einem ausführlichen Porträt berichtete, war Asaf Avidan ursprünglich überhaupt nicht von dem Wankelmut-Remix (siehe auch Embed-Video) seines Songs „One Day“ begeistert, der ihm letztlich zu weltweitem Erfolg verhelfen sollte:

(more...) Leonhard Dobusch in Recht
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(Fast) alle Urheberrechtsprobleme in einem Video: Andy Baio über die neue Prohibition

Andy Baio, einer der Gründer des XOXO Festivals, hat kürzlich ein Video von einem Vortrag veröffentlicht, der in sehenswerten 30 Minuten noch einmal fast all jene Dinge auf den Punkt bringt, die im derzeitigen Urheberrecht grundlegend falsch laufen.

Weil sich Andy Baio aber klarerweise auf die Situation in den USA bezieht, habe ich im folgenden noch einmal die zentralen Themen seines Vortrags aufgelistet und mit Links zu Blogeinträgen hier auf netzpolitik.org versehen, die sich mit den jeweiligen Themen auseinandergesetzt haben. Auf diese Weise wird zweierlei deutlich: Erstens, die genannten Probleme begleiten uns schon eine ganze Weile und werden sich nicht von alleine und auch nicht nur durch einfachere Lizenzierungsangebote lösen, wie die EU Kommission immer noch zu glauben scheint. Zweitens ist die Situation in Europa tendenziell noch schlechter als in den USA, obwohl es dort eine – wie Baio deutlich macht: unzureichende – Fair-Use-Klausel im Copyright gibt.

Urheberrecht, Internet-Memes und Remixkultur: Baio steigt mit Harlem Shake als dem jüngsten Beispiel für ein Internet-Meme ein, bei dem Rechteinhaber vom Verzicht auf Rechtsduchsetzung profitieren und gleichzeitig massenhaft kreative Potentiale breiter Bevölkerungsschichten aktiviert werden. Beobachten konnte man das auch schon am Vorgänger-Meme „Gangnam Style“: „Zur netzpolitischen Dimension von Gangnam Style„.

(more...) Leonhard Dobusch in Meme, netzpolitik.org, Recht
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Urheberrechtrechtsreform zwischen Geheimverhandlungen und Crowdsourcing

Auf unterschiedlichen Ebenen – von internationalen Verträgen über die supranationale EU-Ebene bis hin zu einer nationalen Initiative in Finnland – wurden in den letzten Tagen Initiativen zur Reform des Urheberrechts bekannt, die schön die Bandbreite an möglichen Herangehensweisen illustrieren.

Nina Paley, CC-BY-SA

Nina Paley, CC-BY-SA, http://mimiandeunice.com/2011/05/23/copyright-reform/

Transatlantisches Freihandelsabkommen (TAFTA)

Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz wurde bekannt, dass im Zuge der Verhandlungen rund um ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU auch Änderungen an Urheberrecht bzw. Copyright behandelt werden sollen. Über den konkreten Verhandlungsstand ist in bester ACTA-Tradition jedoch nichts bekannt. Monika Emert kann in ihrem Bereicht für heise.de deshalb auch nur spekulieren:

Unter dem Einfluss einer starken Unterhaltungsindustrie wird dabei gerade US-Unterhändlern nachgesagt, dass sie für Maximalforderungen im Urheberrecht eintreten.

In eine ähnliche Richtung gehen auch die Eindrücke der liberalen EU-Abgeordneten Marietje Schaake, die Emert in ihrem Beitrag zitiert:

Ich höre immer wieder, dass die USA und die EU in der Frage Schutz des Geistigen Eigentum gespalten seien. Tatsächlich aber gehen die Gräben quer durch die Gesellschaft auf beiden Seiten des Atlantik.

Ein umfassendes Abkommen wie TAFTA sei aber schwerer wegen einzelner Bestimmungen zu kippen als das beim Spezialabkommen ACTA der Fall war.

Angesichts des Lobby-Drucks von Seiten großer US-Unternehmen und dem schon bekannten Muster geheimer Verhandlungen scheint TAFTA also kaum das Forum für jene ausgewogene Reformen zu sein, die das Urheberrecht mit digitalem Alltagshandeln wieder versöhnen könnten; eher im Gegenteil, es würde mich nicht wundern, sollten einige Zombie-Passagen aus ACTA im Kontext von TAFTA wiederauferstehen.

EU-Ebene: „Lizenzen für Europa“

(more...) Leonhard Dobusch in netzpolitik.org, Recht
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„Es ist ein weiter Weg bis dahin, dass die Leute begreifen, dass das Urheberrecht in seiner herkömmlichen Form keinen Sinn ergibt.“

Dieses Interview mit Lawrence Lessig zum zehnten Geburtstag von Creative Commons ist zuerst im „Jahrbuch Netzpolitik 2012 – Von A wie ACTA bis Z wie Zensur“ erschienen.

netzpolitik.org: Sicher hast du diese Frage schon viel zu oft beantwortet, aber warum habt ihr Creative Commons gegründet?

Lawrence Lessig:
Der konkrete Anlass war, dass wir damals den Fall Eldred vs. Ashcroft verhandelten, und Eric Eldred war skeptisch, ob wir den Fall gewinnen könnten. Und er sagte, er wolle sicherstellen, dass bei der Verhandlung nicht bloß ein verlorener Fall vor dem Supreme Court heraus käme, sondern dass daraus ein tragfähiges Fundament entstehen würde für das, was wir heute Freie Kultur nennen.

Ich fand das richtig; und ich erkannte (was noch wichtiger war), dass wir, um jemals echte Veränderungen zu bewirken, bei den Menschen selbst auf Verständnis hinwirken müssten. Das hier würde sich nicht von oben verordnen lassen, es würde von unten wachsen müssen. Also begannen einige von uns darüber zu sprechen, wie man so eine Bewegung schaffen könnte, um diese Idee umzusetzen: Wie man Menschen in die Lage versetzen könnte, zu zeigen, dass sie an keines der beiden Extreme glauben – weder an perfekte Kontrolle noch an den Verzicht auf sämtliche Rechte. Und das war die Initialzündung für Creative Commons.

netzpolitik.org: Es gab doch schon mehrere Open-Content-Lizenzen. Warum habt ihr eigene CC-Lizenzen entwickelt, statt zum Beispiel die bestehenden Lizenzen der Free Software Foundation zu unterstützen?

Lawrence Lessig: Das hatte zwei Gründe.

(more...) Gastbeitrag in Allgemein, Recht
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Sampling-Urteil des BGH: Zwei Takte Leistungsschutzrecht

Wenn Christoph Keese im Zusammenhang mit Urheberrecht jubelmeldet, dann verheißt das in der Regel für Internet und Internetnutzer nichts Gutes. Keese fühlt sich durch das jüngste BGH-Urteil zum Tonträger-Sampling („Metall auf Metall II“) in seiner Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Presseverleger bestätigt:

In der Begründung zum Regierungsentwurf für das Leistungsschutzrecht spielt die sogenannten „Metall auf Metall“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs eine wichtige Rolle. Sie handelt vom Tonträger-Sampling. Auf diese Entscheidung nimmt die Regierung ausdrücklich Bezug und begründet damit auch den Schutz auch „kleinster Teile“ eines Presseerzeugnisses. Heute hat der Bundesgerichtshof in einem weiteren wichtigen Urteil („Metall auf Metall II“) seine Auffassung bestätigt und bekräftigt. Danach erstreckt sich der Schutz des Leistungsschutzrechts für Musikproduzenten auch auf kleinste Teile.

Des einen Freud, des gemeinen Internetnutzers Leid. Der BGH setzt damit seine inzwischen völlig lebensfremde und remixkulturfeindliche Rechtsprechung fort. In der Pressemeldung zum Urteil heißt es als Begründung, warum selbst zwei Takte einer Rhythmussequenz des Titels „Metall auf Metall“ nicht einfach gesampelt werden dürfen:

Eine freie Benutzung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings ausgeschlossen, wenn es möglich ist, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen.

(more...) Leonhard Dobusch in Allgemein, Recht
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Auf dem Weg zu einem Urheberrecht für das 21. Jahrhundert: Ideen für eine zukünftige Regulierung kreativer Güter

Till Kreutzer ist Rechtsanwalt und Redakteur bei iRights.info. Dieser Text erschien zuerst in Wirtschaftsdienst – Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 10/2012 und iRights.info. Wegen der Verlagsvereinbarung bei der Erstveröffentlichung (Springer Wissenschaft) bleiben alle Rechte vorbehalten. Wir übernehmen den Text mit freundlicher Genehmigung.

Das Urheberrecht kann die Rechteinhaber derzeit nicht effektiv schützen. Es müsste gründlich reformiert werden, um Kreativen zu ihrem Recht, das weniger durch Privatnutzer als vielmehr von Verwertern beschnitten wird, zu verhelfen. Dafür sind kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen nötig.

(more...) Gastbeitrag in netzpolitik.org, Recht
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